[Central Location Index Part 9] 131996882

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Discussion Question

Willy FLEISCHMANN #german #jew

https://www.mappingthelives.org/bio/83bd56cf-0c09-4dde-bc00-2d628b224afd

Irene Eber wrote extensively on the fate of Willy Fleischmann in her book:
„Jewish Refugees in Shanghai 1933–1947
A Selection of Documents“ :

Although Fleischmann and his wife travelled on a luxury liner, his account is
like that of a third class passenger who is definitely not treated like a privileged
traveller. In Port Said the passengers were promised 435 British Pounds, which at
the time of writing had not yet arrived in Shanghai. The ship docked in a number
of cities, yet only in Colombo (Sri Lanka) and Singapore were the passengers
allowed to leave the ship. In Shanghai, they were horrified about having to live
in largely destroyed Hongkou. Fleischmann describes the professions that are
employable and the importance of knowing English.

Abschrift
Willy Fleischmann Shanghai, den 8. Mai 1939.
C/o Lloyd Triestino
P.O. Box 1181
Shanghai.
An die Israelitische Religionsgemeinde,
Leipzig
Am 25. April sind wir hier angekommen und heute bin ich bereits in der
Lage, Ihnen einen Bericht senden zu können. Zuvor noch eine kurze Skizzierung
der Reise. Auf dem Dampfer Cte. Biancamano waren ca. 900 Emigranten,
deren Ziel mit einigen wenigen Ausnahmen Shanghai war. Von diesen
900 Menschen belegten die Hälfte die l., ll. und ökonomische Klasse, während
der andere Teil lll. Klasse Passagiere waren. Die Passagiere der lll. Klasse waren
sehr schlecht untergebracht, die Verpflegung nach unseren Begriffen durch
die ungewohnte italienische Kost ungenügend und vielfach ungeniessbar. Die
Behandlung durch die Stewards liess oft zu wünschen übrig. Die Stewards
schienen ihr besonders [sic] Vergnügen darin zu finden, bei jeder Gelegenheit
durchblicken zu lassen, dass wir Emigranten seien und es in Shanghai
noch viel schlechter hätten. Wir Emigranten der lll. Klasse, die wir durch
unbequeme Kabinen und viel zu wenig Aufenthaltsräume keine Erholung
durch die vierwöchentliche Seereise finden konnten, fühlten uns mit einem
Wort wie Frachtgut behandelt. In diesem Zusammenhang ist noch wichtig zu
erwähnen, das mit dem Gepäck (Koffer, Kisten, Bettsäcken usw.) sehr wenig
schonend umgegangen wird und vielen Passagieren grosser Schaden daraus
entstandn [sic] ist. Es ist unbedingt notwendig, die Shanghai-Auswanderer
darauf aufmerksam zu machen, dass alles Gepäck deutlich signiert wird, an
mehreren Stellen mit schwarzer oder weisser Farbe der Namen gross mit
Druckschrift aufgeschrieben, ferner Dampfer, Klasse, Kabinennummer und

Shanghai auffallend vermerkt wird. Bei Beginn der Reise hatte sich ein Kommittee
[sic] gebildet, welches unsere Interessen wahrnehmen und die Verhandlungen
mit den Kommittees in den Hafenstädten führen sollte. Auch
hatte das Bordkommittee die Aufgabe, die |2| berechtigten Wünsche und Beschwerden
der Passagiere an die Schiffsleitung weiterzuleiten und die durch
das enge Beisammensein der Passagiere entstehenden Differenzen zu schlichten.
Leider waren die Bemühungen des Bordkommittees von wenig Erfolg
gekrönt. Wir fuhren von Genua über Neapel nach Port Said, dort wurden wir
ausgebootet und durften an Land gehen. Das dortige Kommittee hat uns sehr
gut aufgenommen, es wurden [sic] Tropenkleidung an die Herren verteilt
und, da es gerade vor Pessach war, erhielt jeder Passagier 5 Pfund Mazzos.
Unser Bordkommittee hatte von dem dortigen Kommittee die Zusage erhalten,
dass 435 engl. Pfd., die nur für die Passagiere der Biancamano bestimmt
wären, sofort nach Shanghai überwiesen werden und bei unserer Ankunft
an uns verteilt werden sollten. Bis heute ich {ist} angeblich der Betrag noch
nicht eingegangen und kann auch niemand über die Angelegenheit Auskunft
geben. Es besteht in Port Said eine bedeutend [sic] sephardische Gemeinde,
die grösseren Geschäfte sind meistens in jüdischen [sic] Besitz. Die Fahrt
ging weiter durch den Suezkanal über Aden nach Massaua, in beiden Hafenstädten
durften wir das Schiff nicht verlassen und befinden sich dort auch
keine jüdischen Kommittees, da fast keine Juden dort leben. In der nächsten
Hafenstadt Bombay war das Betreten des Landes nur mit englischem
Visum möglich. Daher kam das dortige Kommittee an Bord, war aber nicht
in der Lage, den Emigranten der Biancamano zu helfen. Es wurde uns dort,
wie auch in den nachfolgenden Städten, gesagt, dass alle gesammelten Gelder
dem Zentral-Kommittee in Shanghai überwiesen und somit dem allgemeinen
Flüchtlingshilfswerk zugeführt werden. *In Colombo und Singapore
durften wir wieder an Land gehen.111 Da beide Städte vorwiegend von Chinesen
bewohnt werden, bekamen wir schon dort einen Vorgeschmack von unseren
zukünftigen Mitbewohnern. Manila, die nächste Hafenstadt, war leider
aus uns unbekannten und unbegreiflichen Gründen nur für die Passagiere
der oberen Klassen zugänglich. Das dortige Kommittee hat ein grosszügiges
Hilfswerk in Angriff genommen und eine Siedlung für 10 000 Juden (je zur
Hälfte aus Deutschland und Shanghai) gegründet. (…)